SPRIND | Challenge: Broad-Spectrum Antivirals (2024)

Wie MucBoost dem menschlichen Schleim ein evolutionäres Upgrade verpasst

Was andere vielleicht erstmal eklig finden, findet Prof. Dr. Daniel Lauster faszinierend: Schleim. Gut zwei Liter Schleim, auch Mucus genannt, produziert unser Körper täglich neu. Als erste innere Verteidigungslinie des Körpers fängt er ständig Krankheitserreger für uns ab. Doch manche Viren lassen sich von der Schleimbarriere nicht aufhalten und infizieren uns. Das will der Biophysiker Daniel Lauster ändern, indem er die natürliche Schutzfunktion des Schleims stärkt.

“Wenn wir die Schwachstellen des Schleims mit virusbindenden Eiweißmolekülen auffüllen, können wir dem Schleim ein evolutionäres Upgrade verpassen”, erklärt der Leiter des MucBoost-Teams. Konkret kann man sich die Eiweißmoleküle als kleine Verbindungselemente vorstellen: Mit dem einen Ende verankern sie sich im Schleim, mit dem anderen Ende docken sie an ein Virus an. Klebt das Virus dann erfolgreich an einem Schleim-Anker, wird es zusammen mit dem Mucus über die Bewegung der Flimmerhärchen auf der Schleimhaut bis in den Rachen und von dort in den Magen abtransportiert, wo die Magensäure es zerstört.

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Durch das modulare Konzept ist es möglich, sehr spezifisch auf ein neues Virus zu reagieren. Das MucBoost-Nasenspray kann aber auch als Breitbandtherapeutikum eingesetzt werden. “Für uns sind konservierte Regionen – das sind Regionen, die trotz Evolution bei vielen Viren bislang gleich geblieben sind – besonders interessant. Unser Influenza-Binder bindet daher nahe der Sialinsäure-Bindungsstelle. Sie ist ziemlich gut konserviert, weil Viren immer an Sialinsäure binden müssen, um in die Zelle zu gelangen”, sagt Lauster. Erste Laborversuche zeigen, dass das Konzept aufgeht: “Wir können an mehrere Stämme des saisonalen Grippevirus H3N2 binden, ebenso an H1N1 und an den Vogelgrippestamm H7N1”.

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Als Daniel Lauster vor eineinhalb Jahren in die Broad-Spectrum Antivirals Challenge der SPRIND startete, war die Corona-Pandemie im vollen Gange, weshalb sich das MucBoost-Team zunächst auf die Entwicklung eines Nasensprays gegen SARS-CoV-2 konzentrierte. Mittlerweile ist das Team auf die Bekämpfung von Influenza-Viren umgeschwenkt. Grundsätzlich lässt sich das MucBoost-Konzept aber auf viele – auch noch unbekannte – Virustypen übertragen.

Denn sobald die viralen Oberflächenproteine - auch Spikeproteine genannt- biotechnologisch hergestellt werden können, kann die Suche nach einem passenden Virus-Adapter beginnen: “Wir drucken auf eine Oberfläche verschiedene Peptidvarianten und schauen dann, woran das Virus bzw. dessen Spike, das uns interessiert, am besten bindet”, erläutert Lauster, der die Binder auf molekularer Ebene identifiziert. “Ich bin ein großer Fan davon, antivirale Moleküle mithilfe von biophysikalischen Methoden zu entwickeln, weil man mit einer sehr hohen Auflösung darstellen kann, was wirklich passiert.”

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Während andere sich mit Grundlagenforschung beschäftigen, reizt Daniel Lauster etwas anderes: “Ich möchte keine exotischen Strukturen kreieren, die man eventuell nur publizieren kann. Ich will etwas entwickeln, was praktisch anwendbar ist, um es für den Menschen nutzbar zu machen.”

Das Nasenspray, das demnächst erste Tierstudien durchlaufen wird, könnte direkt auf zwei verschiedene Weisen nutzbar sein: Da es die Viruskonzentration reduziert, könnte es bei frisch Erkrankten für einen abgeschwächten Krankheitsverlauf sorgen, zum anderen könnte es aber auch präventiv verwendet werden. “Also ich sehe es als Ergänzung zu einer Maske. Wir nennen es deswegen auch die unsichtbare Maske, weil es eben Situationen gibt, wo man keine Maske tragen kann, zum Beispiel beim Essen und Trinken”, erklärt Lauster seine Vision. Die krankmachenden Viren würden beim Kontakt mit dem Mucus durch MucBoost direkt herausgefiltert werden, was eine Ansteckung verhindert.

Daniel Lauster hat sich ganz dem Thema Schleim verschrieben. Während es bei MucBoost darum geht, die Wirksamkeit des Schleims zu erhöhen, sucht er in einem anderen Forschungsprojekt (MucPep) nach Möglichkeiten, den Schleim zu reduzieren – zum Beispiel bei der bislang unheilbaren Krankheit Mukoviszidose. Aber nicht nur der Mucus der Lunge interessiert ihn: ”Wir haben in unserem Körper circa 200 Quadratmeter Schleimoberfläche, die Zusammensetzung des Schleims ist aber je nach Gewebe unterschiedlich.” Gut möglich, dass MucBoost künftig auch in anderen Schleimregionen – wie dem Darm – Anwendung finden könnte. “Man kann unseren Schleimbinder entsprechend anpassen. Er ist bereits stabil bei Körpertemperaturen und kann auch die Magenpassage überstehen.” Eine orale Therapie gegen Darmviren oder bakterielle Toxine wäre folglich denkbar.

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“Ich möchte keine exotischen Strukturen kreieren, die man eventuell nur publizieren kann. Ich will etwas entwickeln, was praktisch anwendbar ist, um es für den Menschen nutzbar zu machen.”

Langeweile kommt bei Daniel Lauster also nicht auf. Auch weil der 38-Jährige nicht nur seit Mai 2023 Juniorprofessor für Biopharmazeutika am Institut für Pharmazie der FU Berlin ist, sondern weil er zeitgleich selbst noch studiert. Nebenher zu seiner Doktorarbeit in Experimenteller Biophysik, begann er zusätzlich mit einem Medizinstudium. “Wenn man sich wirklich der Wissenschaft widmet, muss man mit vollem Einsatz dabei sein. Man muss intrinsisch motiviert sein, sonst wird das nichts”, erklärt er und fügt hinzu: “Aber das Schöne ist, wenn die Ideen funktionieren. Translationale Forschung, ist das, was mich begeistert, weil ich glaube, dass ich den Erfolg meiner Forschung selbst erleben werde und man auch etwas Gutes für die Gesellschaft tut.”

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